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Unerwartete Wirkung der Pflichtteilsstrafklausel!

Die scharfe Pflichtteilsstrafklausel wirkt nicht nur, wenn ein Kind den Pflichtteil geltend macht. Auch wenn es - sogar - den gesetzlichen Erbteil für sich beansprucht, ist es beim zweiten Erbfall enterbt. Das hat das Oberlandesgericht München entschieden.

Beim Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein. Die Kinder erben nach dem Tod des zweiten Ehegatten. Mit dieser Regelung werden die Kinder beim Tod des erstversterbenden Elternteils enterbt. Ihnen steht dann der Pflichtteil zu.Um zu verhindern, dass ein Kind beim Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil geltend macht, wird meist eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel in das Testament aufgenommen: Macht ein Kind nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil geltend, so erhält es nach dem Tod des zweitversterbenden Elternteils auch nur den Pflichtteil und verliert somit auch für diesen Fall seinen Erbteil. Der Verlust des Erbteils tritt nicht nur dann ein, wenn das Kind nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils den Pflichtteil geltend macht, sondern auch (und erst recht) dann, wenn das Kind in diesem Fall seinen Erbteil geltend macht. Das hat das Oberlandesgericht München am 07.04.2011 (31 Wx 227/10) entschieden. Folgender Sachverhalt war zu entscheiden: Die Eheleute hatten eine Pflichtteilsstrafklausel in ihr "Berliner Testament" aufgenommen. Als Schlusserben setzten sie den Sohn und die Tochter zu gleichen Teilen ein. Zuerst starb die Mutter. Die Tochter behauptete, das Elterntestament sei unwirksam. Deshalb sei sie gesetzliche Erbin. Sie wehrte sich gegen einen Erbschein für den Vater als Alleinerben. Das Nachlassgericht stellte dem Vater jedoch den beantragten Erbschein als Alleinerbe aus. Die Tochter gab sich damit nicht zufrieden und legte Beschwerde ein, allerdings erfolglos. Anschließend enterbte der Vater in einem notariellen Testament die Tochter und setzte den Sohn als Alleinerben ein. Auch dagegen wehrte sich wiederum die Tochter und wies darauf hin, dass sie im gemeinschaftlichen Testament als Miterbin berufen worden sei. Wieder hatte die Tochter keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht entschied, dass der Tochter wegen der Pflichtteilsstrafklausel im Elterntestament auch nach dem Tod des Vaters nur der Pflichtteil zustehe. Zwar habe sie nach dem Tod der Mutter nicht den Pflichtteil geltend gemacht, sondern den Erbteil. Das könne ihr aber nicht zu Gute kommen, so das Oberlandesgericht. Die Strafklausel solle den Eltern zu Lebzeiten Ruhe vor erbrechtlichen Ansprüchen der Kinder verschaffen. Wer gar den gesetzlichen Erbteil geltend mache, verstoße erst recht gegen die Erwartung der Eltern. Er verwirke damit sein Erbe ebenso, als ob er (nur) den Pflichtteil geltend gemacht hätte. Erschwerend komme hinzu, dass die Tochter die Strafklausel gekannt habe, als sie gegen das elterliche Testament vorgegangen sei.

von Rechtsanwalt Anton Bernhard Hilbert

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