Logo Fachanwaltssuche
Von Experten beraten.
Rechtsgebiet z.B. Arbeitsrecht
Ortz.B. Köln, 50968

Arbeitsunfall: Wann muss die Unfallkasse zahlen?

Arbeitsunfall: Wann muss die Unfallkasse zahlen? © CC0 - Daniel Nanescu - splitshire.com
Unfälle, die im Rahmen einer Beschäftigung oder auf einem Dienstweg geschehen, fallen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Welche Ereignisse zu einem Arbeitsunfall führen können, ist umstritten. Der Sturz auf der Personaltoilette oder ein Kinderschrei ins Ohr der Erzieherin, führen laut Gericht nicht zu einem Arbeitsunfall.

Kein Arbeitsunfall bei Sturz auf Personaltoilette

Arbeitnehmer, die im Vorraum der Personaltoilette stürzen und sich dabei verletzten, sind nicht vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Dies entschied das Sozialgericht Stuttgart (Aktenzeichen S 12 U 1746/17) im Fall einer Arbeitnehmerin, die auf einer Personaltoilette aufgrund des frisch geputzten Bodens ausrutschte und sich Verletzungen zu zog. Das Sozialgericht Stuttgart vertritt die Ansicht, dass das Verrichten der Notdurft und der Aufenthalt auf der Toilette zum unversicherten Lebensbereich gehören. Der Weg dort hin sei aber vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Der nasse Boden ändere an der Ablehnung eines Arbeitsunfalls nichts, so das Gericht.

Arbeitsunfall eines Bestatters beim Anheben eines Leichnams

Erleidet ein Bestatter beim Anheben eines Leichnams ein sog. Verhebetrauma, ist dies als Arbeitsunfall von der gesetzlichen Unfallversicherung anzuerkennen, entschied kürzlich das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 6 U 1695/18). Geklagt hatte ein Bestatter, der mit seinem Kollegen zusammen einen Leichnam vom Bett auf eine Trage heben wollte und dabei einen Schmerz im Ellenbogen und am Bizep erlitt. Der Mann wurde im Krankenhaus behandelt und konnte vier Wochen lang nicht arbeiten. Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte eine Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da es an einer äußeren Krafteinwirkung fehle. Zu Unrecht, entschied das Landessozialgericht. Das Verhebetrauma erfülle alle Anforderungen an einen Arbeitsunfall, denn die mechanische Krafteinwirkung erfülle das Merkmal der äußeren Einwirkung. Ein Arbeitnehmer, der eine derartige Kraftanstrengung im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit und zu ihrer Verrichtung unternehme, sei von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.

Arbeitsunfall auch bei wahlweisem Auftreten in einer von zwei Arbeitsschichten

Ein Arbeitsunfall ist auch dann anzunehmen, wenn nicht klar bestimmt werden kann, in welcher, von zwei aufeinanderfolgenden Arbeitsschichten das schädigende Ereignis eingetreten ist. Dies stellt das Sozialgericht Karlsruhe (Aktenzeichen S 1 U 940/16) in einem aktuellen Urteil fest. Im zugrundeliegenden Fall hatte sich ein Arbeiter einer Automobilherstellers im Rahmen von zwei aufeinanderfolgenden Arbeitsschichten eine Ansatzruptur des kleinen Brustmuskels und der Sehnen und eine Arm-Venen-Thrombose aufgrund der körperlichen Überbelastung zu gezogen. Für das Sozialgericht Karlsruhe ist es für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls unerheblich, dass der Eintritt des schädigenden Ereignisses nicht klar kalendermäßig bestimmt werden kann. Maßgeblich sei, dass die Einwirkung an einem bestimmten Tag erfolgt sei.

Arbeitsunfall nur bei Einwirkung von außen

Ein Arbeitsunfall liegt nur dann vor, wenn ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis zu einem Gesundheitsschaden führt. Dies stellte das Sozialgericht Karlsruhe (Aktenzeichen S 1 U 3506/17) in einem aktuellen Urteil fest. Geklagt hatte ein Kfz-Mechaniker, der beim Ausstieg auf einem Lkw während seiner Arbeitszeit plötzlich einen einschießenden Schmerz in seinem Knie spürte. Der Mann suchte den Durchgangsarzt auf, der aber außer einem Druckschmerz am Knie keinen krankhaften Befund feststellen konnte. Der Kfz-Mechaniker forderte von der Unfallkasse Entschädigungsleistungen, da seiner Ansicht nach ein Arbeitsunfall vorlag. Zu Unrecht, entschied das Karlsruher Sozialgericht. Ein Arbeitsunfall setze ein Ereignis von außen voraus, dass beim Arbeitnehmer zu einem Gesundheitsschaden führe. Hier sei aber die Eigenbewegung des Arbeitnehmers nicht beeinträchtigt gewesen und es habe kein äußeres Geschehen auf seinen Körper eingewirkt. Das Aussteigen aus dem Lkw sei eine vom Arbeitnehmer selbst gesteuerte Eigenbewegung gewesen. Ein Arbeitsunfall scheide daher aus.

Menschliche Schreie rufen keinen Tinnitus hervor

Erzieherinnen sind im Kindergarten einer ständigen Geräuschkulisse ausgesetzt. Dauerhafte Hörstörungen oder Ohrgeräusche können aber nicht durch den Schrei eines Kindes ins Ohr der Erzieherin hervorgerufen werden. Der Kinderschrei ins Ohr der Erzieherin begründet daher auch keinen Arbeitsunfall, entschied kürzlich das Sozialgericht Dortmund. Das Sozialgericht Dortmund (Aktenzeichen S 17 U 1041/16) wies die Klage einer Erzieherin gegen die gesetzliche Unfallversicherung auf Kostenübernahme eines Tinnitusmaskers ab. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen könnten menschliche Schreie nur vorübergehende Hörbeeinträchtigungen hervorrufen. Ein Tinnitus oder andere dauerhafte Hörschäden könnten nicht durch den Schrei eines Menschen ausgelöst werden, so das Dortmunder Sozialgericht.

War dieser Beitrag für Sie hilfreich?

Eigene Bewertung abgeben:
Bisher abgegebene Bewertungen:
4.5 / 5 (16 Bewertungen)
Das könnte Sie interessieren
Sozialrecht , 16.01.2019 (Update 11.10.2024)
Die gesetzliche Unfallversicherung springt ein, wenn ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit einen Unfall erleidet. Welche Tätigkeiten jedoch zum beruflichen Umfeld gehören, ist zwischen der gesetzlichen Unfallversicherung und dem Arbeitnehmer oft streitig.
4.3 / 5 (50 Bewertungen)
Sozialrecht , 21.08.2018 (Update 15.11.2024)
Unfälle, die im Rahmen von betrieblichen Sportveranstaltungen geschehen, können unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen und müssen von dieser dann auch entsprechend als Arbeitsunfall entschädigt werden.
4.4222222222222225 / 5 (45 Bewertungen)
Arbeitsrecht , 20.08.2015 (Update 29.09.2021)
Bald ist es wieder soweit: In vielen Firmen und Betrieben werden für die Beschäftigten Grippeschutzimpfungen angeboten. Kommt es im Rahmen einer Grippeschutzimpfung durch den Betriebsarzt zu einem Impfschaden beim Arbeitnehmer, stellt sich die Frage, ob es sich dabei um einen Arbeitsunfall handelt, für dessen Folgen die gesetzliche Unfallversicherung aufkommen müsste.
4.1 / 5 (10 Bewertungen)
Sozialrecht , 28.08.2018 (Update 19.06.2024)
Unfälle die auf dem Weg zur Arbeit und zurück geschehen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst. Doch gilt das auch bei Unterbrechnungen der Fahrt oder bei Umwegen?
4.1571428571428575 / 5 (70 Bewertungen)
Sozialrecht , 12.02.2016 (Update 18.12.2023)
Bei einem Unfall im beruflichen Umfeld muss die gesetzliche Unfallversicherung für die Unfallfolgen aufkommen. Aber muss die gesetzliche Unfallversicherung auch bei einem Skiunfall im Rahmen eines Firmenevents bezahlen? Kommt drauf an, entscheiden die Gerichte.
4.05 / 5 (20 Bewertungen)
Sozialrecht , 02.05.2018 (Update 02.05.2018)
Unfälle, die im Rahmen einer Beschäftigung oder auf einem Dienstweg geschehen, fallen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Davon können auch Unfälle umfasst sein, die sich während einer Rehabilitation ereignen.
3.764705882352941 / 5 (17 Bewertungen)
Arbeitsrecht , 20.12.2017
Auch bei der Arbeit können zwischen Kollegen schon mal die Fetzen fliegen. Manchmal führt ein hitziger Disput sogar zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Wird ein Arbeitnehmer dabei verletzt, stellt sich die Frage, ob es sich hier um einen Arbeitsunfall handelt.
4.333333333333333 / 5 (24 Bewertungen)
Arbeitsrecht , 09.03.2016
Unfälle während der Arbeitszeit sind in der Regel durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Fraglich ist immer wieder, ob es sich zum Zeitpunkt des Unfalls tatsächlich um Arbeitszeit handelte - im juristischen Sinne besonders heikel sind Unfälle während der Mittagspause.
4.666666666666667 / 5 (6 Bewertungen)
Arbeitsrecht , 08.03.2017
Die gesetzliche Unfallversicherung muss nicht für kosmetische Zahnbehandlungen aufkommen, die ein Arbeitnehmer nach einem Arbeitsunfall an seinen Zähnen durchführen lässt, entschied kürzlich das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
4.4 / 5 (5 Bewertungen)
Sozialrecht , 07.08.2018
Kommt eine alkoholisierte Arbeitnehmerin während eines betrieblichen Grillabends auf dem Weg zur Toilette zu Fall und zieht sich dabei einen Bruch des Sprunggelenks zu, handelt es sich dabei um einen Arbeitsunfall für dessen Folgen die Berufsgenossenschaft aufkommen muss.
4.428571428571429 / 5 (7 Bewertungen)
Sozialrecht , 28.06.2018 (Update 02.10.2024)
Ob spezielle Hörgeräte, Bildtelefon oder Therapiestühle: Krankenkassen lehnen in vielen Fällen die Kostenübernahme von medizinischen Hilfsmitteln ab. Wir haben Ihnen einige Urteile zusammengestellt, die zeigen, welche Hilfsmittel von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden müssen, und welche nicht.
4.156626506024097 / 5 (83 Bewertungen)
Suchen in Rechsbeiträgen
Teilnehmer
Fachanwalt Dr. Mathias Lorenz
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Homberger Straße 31
47441 Moers
Fachanwalt Bernhard Schwarzbauer
Fachanwalt für Sozialrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Neustadt 530
84028 Landshut
Fachanwältin Silke Fichter
Fachanwältin für Sozialrecht
Kriegsstr. 45
76133 Karlsruhe
Fachanwältin Claudia Petri-Kramer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Sozialrecht
Fachanwältin für Medizinrecht
Wülferoder Str. 51
30539 Hannover
Fachanwalt Joachim Francke
Fachanwalt für Medizinrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Homberger Straße 5
40474 Düsseldorf
Fachanwalt Christoph Wagner
Fachanwalt für Sozialrecht
Karl-Marx-Straße 214
12055 Berlin
Fachanwältin Stefani Gromes
Fachanwältin für Sozialrecht
Elisabethenstraße 29
64283 Darmstadt
Fachanwalt Johannes Schneider
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Kesselgasse 5
53111 Bonn
Fachanwalt Oliver Metzlaff
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Fachanwalt für Sozialrecht
Böckenhoffstraße 1
46236 Bottrop
Fachanwalt Thomas Stamm
Fachanwalt für Sozialrecht
Johannisstraße 12
07743 Jena
Fachanwältin Silke Hohenstein
Fachanwältin für Sozialrecht
Gotthilf-Bayh-Strasse 1
70736 Fellbach
Fachanwalt Volker Arras
Fachanwalt für Sozialrecht
Ebendorfer Chaussee 47
39128 Magdeburg
Datenschutzeinstellungen
fachanwaltsuche.de verwendet Cookies, um die Funktionsfähigkeit unserer Website zu gewährleisten. Außerdem setzen wir zur Weiterentwicklung unserer Website im Sinne der Nutzer zusätzliche Cookies ein. Mit dem Klick auf den Button „Cookies zulassen“ stimmen Sie der Verwendung der von uns für die genannten Zwecke eingesetzten Cookies zu. Über den Button „Einstellungen verwalten“ können Sie sich über die eingesetzten Cookies informieren und den Umfang Ihrer Einwilligung konfigurieren.