Unfall, Helmpflicht, Alkohol: Was müssen Fahrradfahrer im Straßenverkehr beachten?
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2015-05-26
, Aktualisierung vom
2024-02-29 08:59:49.0
· Redaktion fachanwaltsuche.de
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- Wer haftet bei Fahrradunfällen?
- Wer haftet für Mountainbike-Unfälle in Feld und Wald?
- Gibt es eine Helmpflicht beim Fahrradfahren?
- Darf man mit Alkohol Fahrrad fahren?
- Müssen Fahrradfahrer vorhandenen Radweg nutzen?
- Welches Tempolimit gilt für Fahrradfahrer in Begegnungszonen?
Ob Mountainbike, Rennrad oder Citybike - Fahrradfahren erfreut sich großer Beliebtheit. Helmpflicht, Alkoholkonsum oder die Haftung bei Fahrradunfällen sind dabei nur ein paar Beispiele für die rechtlichen Aspekte beim Radfahren.
Wer haftet bei Fahrradunfällen?
Ein Autofahrer kann für den Sturz eines Fahrradfahrers auch bei einem berührungslosen Unfall haften. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 16 U 57/18) im Fall eines Fahrradfahrers, der nicht beim Ausweichmanöver stürzte, sondern als er wieder auf den ursprünglichen Weg fuhr. Das Wiederauffahren auf den Weg sei Teil des Ausweichmanövers und damit von der Haftung des Autofahrers umfasst. Hat ein Fahrradfahrer mehrere Verkehrsverstöße begangen und es kommt danach zu einem Unfall mit einem Auto, erhöht sich sein Haftungsanteil des Fahrradfahrers, urteilte das Amtsgericht München (Aktenzeichen 344 C 26559/05). Im zu entscheidenden Fall war ein Radfahrer schlecht sichtbar in die falsche Richtung gefahren und hatte ein Warnlicht ignoriert. Bei dieser Zusammenkunft von mehreren Verkehrsverstößen wurde die Haftungsquote des Radfahrers für den Unfall mit 1/3 angesetzt, der beteiligte Autofahrer musst aufgrund seiner Betriebsgefahr mit 2/3 Haftungsquote für den Unfall einstehen. Eine Fahrradfahrerin, die die Gegenfahrbahn absichtlich ein kurzes Stück befuhr um eine Verkehrsinsel zu umgehen und dabei einen Unfall mit einem Auto erlitt, muss sogar die alleinige Haftung für den Unfall tragen, da ihre Pflichtverletzung so gravierend war. Dies entschied ebenfalls das Amtsgericht München (Aktenzeichen 345 C 23506/12). Die Betriebsgefahr des Autos wurde in diesem Fall auf Null gesetzt. Allein haften muss auch ein linksabbiegender Radfahrer, der keinen Schulterblick vorm Abbiegen machte. Radfahrer dürfen sich nicht darauf verlassen, dass ein Auto anhält, so das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 1 U 216/20). Ebenso haftet der Fahrradfahrer für einen Unfall mit einem Auto, wenn er bei Dunkelheit ohne Licht fährt, so das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Aktenzeichen 24 U 201/03). Aber kommt ein Fahrradfahrer zum Sturz, weil ein Autofahrer seine Autotür öffnete, haftet der Autofahrer allein für den Unfall und seine Folgen, so das Landgericht Köln (Aktenzeichen 5 O 372/20). Ist ein Weg für Fußgänger und Radfahrer freigegeben, müssen sich Fußgänger nicht fortwährend umschauen, ob ein Fahrrad naht. Nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Erfurt (Aktenzeichen 5 C 1402/19) haftet hier der Fahrradfahrer im Fall einer Kollision mit einem Passanten. Das Landgericht Frankenthal (Aktenzeichen 2 S 94/22) hat entschieden, dass ein Autofahrer, der von einem Feldweg auf eine Landstraße einbiegen will, den Fahrradfahrern auf dem parallel laufenden Radweg Vorfahrt einräumen muss. Oft kommt es auch zu Fahrradunfällen weil die Fahrbahn verschmutzt ist. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht München I (Aktenzeichen 26 O 19348/05) entschieden, dass die Stadt München nicht für Unfälle durch nicht entferntes Streugut auf der Straße haften muss. Kommt es aufgrund eines Hundes zu einem Fahrradunfall auf einem Fahrrad- und Gehweg, haftet in der Regel die Haftpflichtversicherung des Hundehalters für die Folgen des Unfalls. Das Oberlandesgericht Hamm hat aber in einem Urteil (Aktenzeichen I-9 U 37/18) klargestellt, dass Radfahrer auf diesen kombinierten Fahr- und Gehwegen besondere Rücksicht auf Fußgänger nehmen müssen, ansonsten haften sie bei einem Sturz mit. Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 11 U 89/21) hat einem Fahrradfahrer 7.000 Euro Schmerzensgeld zu gesprochen, der aufgrund eines sich losreißenden Hundes stürzte und verletzte. Eine besondere Sorgfaltspflicht müssen Fahrradfahrer beim Überholen von Pferden einhalten, entschied das Landgericht Frankenthal (Aktenzeichen 4 O 10/19). Das Gericht stellt klar, dass vom Fahrradfahrer ein Sicherheitsabstand von mindestens 2 Metern beim Überholen eines Pferdes eingehalten werden muss – auch dann, wenn das Pferd verbotswidrig auf dem Radweg läuft. Bei Trainingsfahrten von Radfahrern im Pulk gibt es keinen generellen Haftungsausschluss für gegenseitig verursachte Unfälle, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Aktenzeichen 1 U 31/19). Kommt es beim ruhigen Ausfahren zu einem Unfall bei einem Überholvorgang, bestätige sich damit nicht das typische Risiko der Pulkfahrt. Keinen Schadensersatz gibt es für einen Radfahrer nach einem Sturz auf Streugut. Das Oberlandesgericht Schleswig (Aktenzeichen 7 U 25/19) hat entschieden, dass ein Streupflichtiger nicht verpflichtet ist nach jedem witterungsbedingten Ausstreuen von Streugut dieses sofort wieder von der Straße zu beseitigen. Das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 11 U 126/20) hat daraufhin gewiesen, dass ein Fahrradfahrer auf einem Wirtschaftsweg mit Schlaglöchern rechnen muss. Im Falle eines Sturzes kann er keinen Schadensersatz verlangen. Kommt ein Fahrradfahrer zum Sturz, weil er eine 10 cm hohe Teererhöhung übersieht, haftet dafür nicht die Kommune, entschied das Landgericht Köln (Aktenzeichen 5 O 16/23), weil das Hindernis erkennbar war. Stürzt ein Fahrradfahrer über eine Mülltonne, die auf dem Radweg steht, weil er mit nicht ausreichendem Abstand an der Tonne vorbeifährt, haftet die Müllentsorgungsfirma nicht für den Unfall, entschied das Landgericht Frankenthal (Aktenzeichen 4 O 25/21). Kommt ein Fahrradfahrer aufgrund eines Wurzelschadens auf dem Radweg zu Fall, haftet dafür nicht die Gemeinde, entschied das Landgericht Frankenthal (Aktenzeichen 3 O 71/22), wenn der Fahrradfahrer schneller als üblich gefahren ist.Wer haftet für Mountainbike-Unfälle in Feld und Wald?
Ein Mountainbikefahrer erhält kein Schmerzensgeld wegen Mountainbike-Unfalls im Wald von der Kommune, da Waldbesucher diesen auf eigene Gefahr nutzen. Dies entschied das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 1 U 12/19) und stellte klar, dass eine Haftung des Waldeigentümers für waldtypische Gefahren ausgeschlossen ist. Wer als Mountainbiker im Wald unterwegs sei, müsse mit plötzlich auftretenden Hindernissen und Schwierigkeiten rechnen und jederzeit in der Lage sein diese zu bewältigen. Einen Mountainbike-Fahrer, der über einen ungekennzeichneten Stacheldraht auf einem Feldweg stürzte und sich dabei erhebliche gesundheitliche Schäden zu zog, trifft keine Mitschuld am Unfall. Dies entschied der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen III ZR 250/1, III ZR 251/17). Eine Stacheldrahtabsperrung auf einem Feldweg, der für Fahrräder zugelassen ist, stellt ein unerwartetes Hindernis dar, mit dem der Radfahrer nicht rechnen konnte. Hier sei in erheblichem Maß die Verkehrssicherungspflicht verletzt worden. Auch im Wald können Mountainbike-Fahrer nach einem Sturz kein Schmerzensgeld von der Kommune verlangen, entschied das Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 1 U 12/19). Sie befahren laut Gericht die Waldwege auf eigene Gefahr. Aufgepasst: Nutzt ein Mountainbiker einen Waldweg, der nicht zur öffentlichen Nutzung freigegeben ist, so etwa Trampel- oder Downhill-Pfade, muss nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (Aktenzeichen 2 Ss OWi 25/2) mit einem Bußgeld von 150 Euro rechnen.Gibt es eine Helmpflicht beim Fahrradfahren?
Grundsätzlich gibt es in Deutschland keine Helmpflicht für Fahrradfahrer. Rechtlich problematisch kann der fehlende Helm allerdings bei einem Verkehrsunfall werden. Hier haben einige Gerichte dem Radfahrer ohne Helm eine Mitschuld am Verkehrsunfall gegeben. Das Oberlandesgericht Celle (Aktenzeichen 14 U 113/13) erteilte der Helmpflicht für „Alltags“ - Fahrradfahrer allerdings eine Absage. Nur bei Sportfahrradfahrern könne ein Helm verlangt werden. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgericht Nürnberg (Aktenzeichen 13 U 1187/20) begründet das Nichttragen eines Helms im normalen alltäglichen Verkehr keine Mitschuld nach einem Unfall. Ausnahmen gelten laut Gericht nur für Rennfahrer und Mountainbike-Fahrer.Darf man mit Alkohol Fahrrad fahren?
Besser nicht! Verkehrsteilnehmer, die Alkohol konsumiert haben, sollten nicht vom Auto aufs Fahrrad umsteigen. Auch für Fahrradfahrer gibt es in Deutschland eine Promillegrenze und die liegt bei 1,6 Promille. Wird bei einem Radfahrer diese BAK oder mehr festgestellt, kann von ihm ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangt werden. Am Ende kann dann der Entzug der Fahrerlaubnis drohen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Aktenzeichen 12 ME 93/23) hat entschieden, dass einem Radfahrer, der mit 1,6 Promille auf dem Fahrrad erwischt wurde, ein Fahrradfahrverbot ausgesprochen werden kann.Müssen Fahrradfahrer vorhandenen Radweg nutzen?
Verläuft neben einer Landstraße, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h befahren werden darf, ein Radweg, so muss dieser auch von Radfahrern benutzt werden. Es bestehe ansonsten aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Auto und Fahrrad eine große Gefahrenlage, entschied das Verwaltungsgericht Köln (Aktenzeichen 18 K 189/14). Radfahren gegen eine Einbahnstraße ist bei einer Gefahrenlage nicht erlaubt, entschied das Verwaltungsgericht Köln (Aktenzeichen 18 K 2675/18). Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorfs (Aktenzeichen 16 L 1774/20) dürfen Mietfahrräder in Düsseldorf vorläufig weiter auf Gehwegen abgestellt werden.Welches Tempolimit gilt für Fahrradfahrer in Begegnungszonen?
Aufgrund der steigenden Fahrradunfällen, ist ein Tempolimit in einer sog. Begegnungszonen, in der Fahrradfahrer, Fußgänger und Autofahrer aufeinandertreffen, zulässig. Dies stellt das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen S 53/22) klar.War dieser Beitrag für Sie hilfreich?
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