Rechtliche Komplikationen rund um die Organspende
5.0 /
5 (2 Bewertungen)
2017-08-09
· Redaktion fachanwaltsuche.de
· 218 mal gelesen
- Organspende war trotz Verfahrensmängel nach dem Transplantationsgesetz zulässig
- Verletzung der Regeln für die Vermittlung von Organspenden
Organspende rettet Leben und ist doch ein gesellschaftlich kontrovers diskutiertes Thema, schließlich muss man sich mit den eigenen Vorstellungen von Tod und Sterben auseinander setzen. Auch rechtlich gibt es immer wieder Klärungsbedarf – sei es bei der Vermittlung von Spenderorganen oder bei den gesundheitlichen Folgen einer Lebend-Organspende für den Spender.
Organspende war trotz Verfahrensmängel nach dem Transplantationsgesetz zulässig
Wird im Rahmen einer Nierenlebendspende gegen formelle Voraussetzungen des Transplantationsgesetzes verstoßen, hat dies nicht zur Folge, dass die Einwilligung des Organspenders unwirksam und damit die Organentnahme rechtswidrig wird. Dies musste das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen 3 U 6/16) im Fall einer Organspenderin feststellen, die für ihren Vater eine Niere spendete und nach der Organspende an einem Erschöpfungssyndrom und einer Niereninsuffizienz litt. Sie war der Ansicht, dass die Ärzte sie nicht hinreichend über die Folgen der Organspende aufgeklärt hätten. Auch seien die formalen Anforderungen an das Aufklärungsgespräch im Sinne des Transplantationsgesetzes nicht erfüllt worden. Die Organspenderin verlangte Schadensersatz. Ohne Erfolg! Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass hier kein Behandlungsfehler durch die Ärzte geschehen sei. Es hätte nichts gegen die Nierenlebendspende gesprochen. Auch die von der Organspenderin gerügte Aufklärung greift nicht durch. Es sei zwar gegen formelle Anforderungen des Transplantationsgesetzes verstoßen worden, weil es keine ärztlich unterschriebene Niederschrift zum Aufklärungsgespräch gebe. Dieser formelle Verstoß führe aber nicht automatisch zur Rechtswidrigkeit der Organentnahme. Selbst eine inhaltlich unzureichende Aufklärung der Organspenderin sei dann unbeachtlich, wenn die Ärzte von einer hypothetischen Einwilligung der Frau ausgehen konnten. Das war hier der Fall. Der Vater der Frau wäre ohne ihre Organspende gestorben. Selbst wenn die Frau ausreichend über Risiken und Folgen der Organspende aufgeklärt worden wäre, hätte sie der Organspende zugestimmt, so die Hammer Richter.Verletzung der Regeln für die Vermittlung von Organspenden
Ein Arzt, der die Regeln bei der Verteilung postmortaler Leberspenden verletzt hat, wurde jüngst vom Bundesgerichtshof (Aktenzeichen 5 StR 20/16) vom Vorwurf des versuchten Totschlags und Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen. Ihm wurde vorgeworfen, aufgrund falscher Angaben gegenüber Eurotransplant, die Chancen seiner Patienten auf eine Leberspende erhöht zu haben. Außerdem soll er die Aufnahme auf die Warteliste für Patienten bewirkt haben, die aufgrund einer alkoholinduzierter Leberzirrhose nach den Richtlinien der Bundesärztekammer noch nicht auf die Liste gedurft hätten. In allen Fällen bestand für die Patienten ein lebensbedrohlicher Zustand, der eine Lebertransplantation dringend machte. Der Arzt erhielt für sein Verhalten keine Gegenleistungen und verstieß auch nicht gegen die Regeln der ärztlichen Kunst. Er wurde freigesprochen, da ihm weder ein Tötungsvorsatz noch ein Körperverletzungsvorsatz gegenüber den benachteiligten Patienten unterstellt werden konnte. Er hat begründet darauf vertraut, dass diese Patienten nicht in ihrer Gesundheit durch ein Überspringen gefährdet werden.War dieser Beitrag für Sie hilfreich?
Eigene Bewertung abgeben:
Bisher abgegebene Bewertungen:
5.0 /
5
(2 Bewertungen)
Das könnte Sie interessieren
Wissen Aktuell
,
01.04.2019
Ab dem 1.4.2019 treten einige gesetzliche Neuerungen in Kraft.
So erhalten Schwangere einen leichteren Zugang zu Informationen über Schwangerschaftsabbruch, rund um die Organspende treten Verbesserungen in Kraft und Beschäftigte von Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen bekommen mehr Geld.
4.0 /
5 (6 Bewertungen)
Medizinrecht
,
16.07.2015
(Update 08.11.2024)
Rund 3.400 Behandlungsfehler verursachten Ärzte einer aktuellen Statistik zur Folge im vergangenen Jahr in Deutschland.
In vielen Fällen müssen letztlich Gerichte entscheiden, ob eine Arzthaftung in Frage kommt und wie hoch der Anspruch der betroffenen Patienten auf Schadensersatz ausfällt.
4.172413793103448 /
5 (29 Bewertungen)
Medizinrecht
,
06.03.2018
(Update 30.01.2024)
Vor Operationen und Behandlungen müssen Patienten vom behandelnden Arzt über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt werden.
Je nach Eingriff kann hier auch eine besondere Aufklärung notwendig sein.
Wird ein Patient nicht ordnungsgemäß über die Chancen und Risiken einer Behandlung im Krankenhaus aufgeklärt, kann das Auswirkungen auf den Vergütungsanspruch des Krankenhauses haben.
4.3076923076923075 /
5 (26 Bewertungen)
Medizinrecht
,
25.04.2017
Bei der Eröffnung einer Arztpraxis ist die Wahl der geeigneten Rechtsform im Hinblick auf steuerliche und haftungsrechtliche Konsequenzen wichtig.
Die Rechtsform der Ärzte-GmbH ist nicht in allen Bundesländern erlaubt.
Nach einer aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz können sich in Rheinland-Pfalz nun auch Ärzte in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zusammenschließen.
4.533333333333333 /
5 (15 Bewertungen)
Sozialrecht
,
20.10.2020
(Update 21.11.2023)
Ob bei Pflegekräften oder Ärzten: Gerade im medizinischen Bereich werden viele sog.
"freie" Mitarbeiter beschäftigt, um Sozialversicherungsabgaben und Lohnsteuer zu vermeiden.
Ob ein Beschäftigungsverhältnis der Sozialversicherungspflicht unterliegt, entscheiden die Gerichte anhand von wenigen Kriterien.
4.05 /
5 (20 Bewertungen)
gewerblichen Rechtsschutz
,
28.11.2014
Rechtsanwalt Frank Remmertz REMMERTZ SONRechtsanwälte
Der BGH hat sich in zwei Entscheidungen mit der Frage befasst, ob Betroffene negativer Bewertungen in Online-Portalen Ansprüche auf Auskunft oder Löschung gegen den Portalbetreiber geltend machen können.
In beiden Fällen geht es um die Bewertung von Ärzten.
Der BGH stärkt die Stellung der Portabetreiber und Informationsfreiheit zu Lasten der betroffenen Ärzte und des Persönlichkeitsschutzes.
3.5 /
5 (6 Bewertungen)
Medizinrecht
,
08.05.2018
(Update 02.08.2024)
Für viele Patienten ist der Besuch beim Zahnarzt mit Angst verbunden.
Kommt es zu Komplikationen bei der Behandlung, oder wird der Patient nicht ausreichend über die Behandlung oder die damit verbundenen Therapiekosten aufgeklärt, muss der Zahnarzt unter Umständen für die fehlerhafte Behandlung haften.
4.228571428571429 /
5 (35 Bewertungen)
Medizinrecht
,
08.06.2015
(Update 12.06.2020)
Mangelhafte oder schlechtsitzende Zahnimplantaten, Zahnbrücken oder Zahnprothesen sind für Patienten ein großes Ärgernis - auch aus finanziellen Gründen, denn Zahnersatz ist teuer.
Welche Kosten für Zahnersatz muss die Krankenkasse übernehmen?
Wie sieht es mit der Gewährleistung für mangelhaften Zahnersatz aus?
Und wird auch die Zahnersatzbehandlung im Ausland bezahlt?
4.108695652173913 /
5 (46 Bewertungen)
Medizinrecht
,
26.02.2018
(Update 10.06.2024)
Ob Bauch, Beine oder Po: Fettabsaugen ist eine der häufigsten Behandlungen, die Schönheitschirurgen bei ihren Patienten durchführen.
Die Kosten für eine sog.
Liposuktion sind nicht unerheblich, daher stellt sich für Patienten die Frage: In welchen Fällen muss die Krankenkasse die Kosten für diesen Eingriff übernehmen?
4.228571428571429 /
5 (35 Bewertungen)
Medizinrecht
,
15.02.2016
(Update 25.03.2024)
Schwerstkranke Patienten können von ihrer Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen die Kostenübernahme für eine Cannabis-Therapie verlangen – nach einem aktuellen Gerichtsurteil aber nur dann, wenn enn der behandelnde Arzt eine umfassende und im hohen Maße sorgfältige Einschätzung abgegeben hat.
4.145833333333333 /
5 (48 Bewertungen)
Medizinrecht
,
20.08.2019
Rechtsanwalt Christoph Kleinherne Dollinger Partnerschaft Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Sogar nach dem Ende eines Behandlungsvertrages muss ein Arzt seinen Patienten darüber informieren, wenn dieser eine bedrohliche Diagnose gestellt bekommen hat.
Auch über etwaige Behandlungsvorschläge besteht eine Informationspflicht.
4.069767441860465 /
5 (86 Bewertungen)