Abgrenzung zwischen Produkthaftung und Arzthaftung bei fehlerhaften Hüftimplantaten
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2012-02-28
· Rechtsanwalt Joachim Francke
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Anmerkung zu OLG Köln, Urteil vom 23.09.2009 - 5 U 220/08
von Joachim Francke, Fachanwalt für Sozialrecht und Medizinrecht, RAe Francke & Partner, Düsseldorf
Der Einsatz künstlicher Hüft- oder Kniegelenke ist zwischenzeitlich zu einem ärztlichen Routineeingriff geworden. Komplikationen nach derartigen Operationen beschäftigen immer wieder Haftpflichtversicherer und Gerichte. Wenn ein Bruch oder sonstiger Defekt an dem Implantat auftritt, ist zunächst eine Haftung des Herstellers nach dem Produkthaftungsgesetz zu prüfen. Die Hersteller berufen sich aber häufig aber auf einen fehlerhaften Einbau der Prothese durch den Operateur, um ihre Haftung auszuschließen.
In letzter Zeit sind vermehr Brüche von Keramikköpfen von Hüftgelenksimplantaten aufgetreten und haben zu Haftungsfällen geführt. In der Praxis stellt sich die Schwierigkeit, dass sowohl der Hersteller als auch die Haftpflichtversicherung des Arztes die Verantwortung ablehnen und auf den jeweils anderen verweisen. In dem vom Oberlandesgericht Köln entschiedenen Fall wurde mehrere Monate nach der Operation festgestellt, dass der Keramikkopf des Implantats in mehrere Teile zerbrochen war. Verklagt wurden in demselben Prozess sowohl das Krankenhaus und der Operateur als auch der Importeur des Implantats als sog. Quasi- Hersteller. Das Landgericht hat die gegen den Importeur gerichtete Klage durch ein Teilurteil abgewiesen, da sich dessen Verschulden nicht nachweisen ließ. In diesem Falle richtete sich die Klage noch nach altem Recht vor Inkrafttreten des § 8 Satz 2 Produkthaftungsgesetz. Für Schadensfälle nach dem 01.08.2002 haften der Hersteller oder im Falle des Imports der Prothese der Importeur ohne Verschulden schon bei der Feststellung von Produktfehlern.
Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung des Landgerichtes aufgehoben, da der Sachverhalt im Hinblick auf einen möglichen Arztfehler nicht vollständig aufgeklärt worden ist.
Diese Entscheidung zeigt exemplarisch, welche Schwierigkeiten für den Anwalt auftreten, der entscheiden muss, welchen der Beteiligten er in Anspruch nimmt. Verklagt er den falschen, droht Verjährung gegen den anderen Beteiligten, wenn sich im Rahmen der Beweisaufnahme feststellt, dass doch der jeweils andere schadensersatzpflichtig ist. Die Feststellung, ob ein Produkthaftungsfehler vorliegt, erfordert kostenträchtige technische Untersuchungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bestimmte metallurgische Untersuchungen bei Bruchoberflächen nur einmal durchgeführt werden können. Vor der Bearbeitung derartig komplexer Sachverhalte kann die Einholung sowohl medizinischer als gegebenenfalls auch technischer Gutachten sinnvoll sein, um Rechts- und Kostennachteile für den geschädigten Patienten zu vermeiden.
Francke & Partner Rechtsanwälte
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