Neues Versicherungsvertragsgesetz hat auch Auswirkungen auf Kfz-Mietverträge!
4.25 /
5 (4 Bewertungen)
2012-07-18
· Rechtsanwalt Dr. jur. Hans Wilhelm Busch
· 365 mal gelesen
Haftungsfreistellungsklauseln in Kfz-Mieverträgen zu Lasten des Kunden müssen das neue VVG berücksichtigen, wenn sie wirksam sein sollen
Aus einer im Jahr 2010 ergangenen - allerdings noch nicht rechtskräftigen - Entscheidung des OLG Köln (11 U 159/09) lässt sich entnehmen, dass das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG) nunmehr auch Auswirkungen auf Rechtsgebiete hat, die auf den ersten Blick mit Versicherungsrecht nichts zu tun haben, nämlich auf das Recht der gewerblichen Fahrzeugvermietung.
Seit je her haben die Mieter von Kfz die Möglichkeit, die Haftung aus Unfällen für Schäden des Kfz-Vermieters durch Zahlung eines besonderen Entgelts auszuschließen (vertragliche Haftungsfreistellung). Nach den bisher weit verbreitet geltenden Klauseln haftet der Mieter für Schäden - abgesehen von der vereinbarten Selbstbeteiligung - nur dann, wenn er den Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat.
Diese Einschränkung hat das OLG Köln unter Verweis auf das neue VVG wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam erklärt.
Eine Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB kommt dann in Betracht, wenn eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.
Im zu entscheidenden Fall war das Gericht der Auffassung, dass die Haftungsfreistellungsklausel in den allgemeinen Vermietbedingungen eine Regelung sei, die für den Mieter eine Haftungsreduzierung nach Art einer Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung gewährt. Aus diesem Grund hat das Gericht es für erforderlich gehalten, den Inhalt dieser Regelung auf seine Vereinbarkeit mit dem VVG zu überprüfen.
Im neuen VVG ist nun im Gegensatz zu der Regelung des alten VVG in § 81 Abs. 2 VVG festgelegt, dass der Versicherer im Fall der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer nur berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Hierdurch ist das Alles-oder-nichts-Prinzip des § 61 VVG a.F. durch eine Quotelung ersetzt worden, um im Einzelfall Entscheidungen zu ermöglichen, die den jeweiligen Schutzinteressen des Versicherungsnehmers Rechnung tragen.
Eine vollständige Abbedingung dieser Regelung durch allgemeine Geschäftsbedingungen hält das OLG Köln für unzulässig. Es können zwar Modifikationen des § 81 VVG in Form von vorher festgelegten Haftungsquoten für den unterschiedlichen Verschuldensgrad von Verstößen vereinbart werden.
Unzulässig ist jedoch nach dieser Entscheidung der generelle und undifferenzierte Haftungsvorbehalt für grobe Fahrlässigkeit, wie er in der hier streitgegenständlichen Klausel und in den meisten bisherigen Bedingungswerken für gewerbliche Fahrzeugvermieter enthalten war.
Für gewerbliche Fahrzeugvermieter bedeutet dies, dass sie ernsthaft über eine Veränderung ihrer Klauselwerke im Hinblick auf diese Rechtsprechung nachdenken müssen. Für den Mieter eines Kfz bedeutet dies, dass er bei einem Vertrag mit einer undifferenzierten Klausel zur Einschränkung der Haftungsfreistellung bei grober Fahrlässigkeit gute Aussichten hat, bei grober Fahrlässigkeit überhaupt nicht zu haften, da die Klausel unwirksam ist.
Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung bleibt allerdings abzuwarten.
von Rechtsanwalt Dr. jur. Hans Wilhelm Busch
War dieser Beitrag für Sie hilfreich?
Eigene Bewertung abgeben:
Bisher abgegebene Bewertungen:
4.25 /
5
(4 Bewertungen)
Das könnte Sie interessieren
Verkehrsrecht
,
01.12.2017
Insbesondere Autohändler benötigen rote Kfz-Kennzeichen um mit ihren Fahrzeugen Probefahrten durchführen zu können.
Doch Vorsicht: Erweist sich der Inhaber eines roten Kfz-Kennzeichens als unzuverlässig, kann die zuständige Behörde die Zuteilung widerrufen.
4.5 /
5 (4 Bewertungen)
Informationstechnologierecht
,
10.02.2017
Ein Unternehmer muss 3.000 Euro Vertragsstrafe zahlen, weil er nach einem vorausgegangenen Vertragsstrafeversprechen, einem anderen Unternehmen eine E-Mail-Werbung zu schickte.
5.0 /
5 (5 Bewertungen)
Verkehrsrecht
,
20.09.2017
Unfallfahrzeuge werden nach einem Crash in der Regel sofort in die Kfz-Werkstatt gebracht.
Dort entscheidet der Fahrzeuginhaber dann darüber, ob das Auto repariert oder verkauft werden soll.
Für das Unterstellen eines Fahrzeugs in einer Kfz-Werkstatt kann diese Standgeld verlangen.
Holt der Fahrzeuginhaber sein Auto allerdings gar nicht mehr ab – wird die Höhe des Standgeldes auf den Restwert des Autos beschränkt.
4.5 /
5 (6 Bewertungen)
Sozialrecht
,
06.06.2016
Beiträge für die Kfz-Haftpflichtversicherung können von Empfängern von Harzt IV vom Einkommen abgesetzt werden, auch wenn das Fahrzeug auf eine andere Person zugelassen ist und diese auch Versicherungsnehmer ist, entschied kürzlich das Landessozialgericht Niedersachsen – Bremen.
4.25 /
5 (8 Bewertungen)
Versicherungsrecht
,
14.09.2018
Eine Kfz-Versicherung kann ihren Versicherungsschutz nicht generell für Tierbisse im Fahrzeuginnenraum ausschließen.
Sie haftet für Bissschäden von Mäusen im Bereich der Außenhaut und Innenraumverkleidung, entschied kürzlich der Oberlandesgericht Frankfurt/Main.
4.4 /
5 (5 Bewertungen)
Versicherungsrecht
,
29.01.2016
(Update 24.05.2024)
Post reinholen, Haustiere versorgen, Werkzeuge ausleihen: Nachbarn helfen sich bei den Dingen des alltäglichen Lebens.
Kommt es aber bei der nett gemeinten Nachbarschaftshilfe zu einem Schaden, stellt sich schnell die Frage, wer für den Schaden aufkommen muss.
4.233333333333333 /
5 (30 Bewertungen)
Medizinrecht
,
23.01.2012
Rechtsanwalt Joachim Francke Francke & Partner Rechtsanwälte
Anmerkung zu BGH, Urteil vom 07.06.2011, VI ZR 87/ 10
von Joachim Francke, Fachanwalt für Sozialrec...
4.8 /
5 (5 Bewertungen)
Wissen Aktuell
,
21.10.2020
(Update 08.04.2024)
Steht ein Gebäude in Flammen, muss der Brand schnell von der Feuerwehr bekämpft werden.
Dabei kommt es immer wieder zu Kollateralschäden mit fremdem Eigentum.
Für welche Schäden muss die Feuerwehr haften?
3.8684210526315788 /
5 (38 Bewertungen)
Versicherungsrecht
,
16.04.2019
Hecke schneiden, Unkraut jäten und Blumen pflanzen: Im Frühling ist wieder Gartenarbeit angesagt.
Bei der Bekämpfung von Unkraut durch Abflammen mit einem Gasbrenner ist allerdings Vorsicht angesagt.
Kommt es bei windigem Wetter zu einem Schaden, kann die Wohngebäudeversicherung die Leistungen aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens kürzen.
4.333333333333333 /
5 (3 Bewertungen)
Medizinrecht
,
03.04.2018
(Update 03.04.2018)
Rechtsanwalt Christoph Kleinherne Dollinger Partnerschaft Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Wenn es nach der jeweiligen Sachlage „medizinisch zweifelsfrei geboten“ gewesen wäre, weitere Befunde einzuholen und der Arzt dies unterlässt, ist ihm ein Befunderhebungsfehler anzulasten.
4.636363636363637 /
5 (11 Bewertungen)
Verkehrsrecht
,
22.11.2012
Rechtsanwalt LEHNHART LEICHTHAMMER
Ein Autofahrer darf beim Autofahren keine technischen Geräte oder Blitzer-Warnprogramme von Facebook oder als App verwenden.
Wer es doch tut, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss zahlen.
3.857142857142857 /
5 (7 Bewertungen)