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Einstellung in den Polizeidienst – Wer ist geeignet?

Einstellung in den Polizeidienst – Wer ist geeignet? © mko - topopt
Das Auswahlverfahren für angehende Polizisten ist streng. Da können Brustimplantate, die Körpergröße, eine Jugendstraftat oder charakterliche Bedenken ein Grund sein, die Einstellung in den Polizeidienst zu verweigern. Doch zu Recht?

Keine Eignung bei charakterlichen Bedenken

Gibt es Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Bewerbers für den Polizeidienst, kann seine Einstellung abgelehnt werden, entschied das Verwaltungsgericht Mainz (Aktenzeichen 4 L 105/19.MZ). Der betroffene Bewerber hatte im Einstellungsverfahren verschwiegen, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Körperverletzung eingeleitet und später eingestellt wurde. Er habe mit dem Verschweigen seine eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt und die Bedeutung zur wahrheitsgemäßen Auskunft gegenüber seinem zukünftigen Dienstherrn offensichtlich verkannt. Dies lasse darauf schließen, dass er auch in Zukunft entsprechendes Fehlverhalten an den Tag lege. Bei Bewerbern für den Polizeidienst müssten besonders hohe Anforderungen an deren charakterliche Eignung gestellt werden, so das Gericht. Macht ein Polizist eine Kaffeepause und steht dabei mit seinem Fahrzeug im absoluten Halteverbot und uriniert darüber hinaus in der Öffentlichkeit, lässt das an seine charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf zweifeln, so das Oberverwaltungsgericht Münster (Aktenzeichen 6 B 461/24). Zeichnet ein Polizeianwärter heimlich ein Gespräch mit einem Landesbediensteten auf, ist das ein Zeichen einer fehlenden charakterlichen Eignung des Bewerbers, so das Oberverwaltungsgericht Münster (Aktenzeichen 6 A 383/20). Das Verwaltungsgericht Aachen (Aktenzeichen 1 L 505/19) hält die Entscheidungen, einen Bewerber für den Polizeidienst aufgrund fehlender charakterlicher Eignung wegen einer Straftat nicht einzustellen, ebenfalls für zulässig. Gegen den Bewerber lief ein Strafverfahren wegen Betruges, das letztlich eingestellt wurde. Gerade von Polizisten werde das Einhalten von Gesetzen sowie rechtstreues Verhalten erwartet, so das Gericht. Das strafrechtlich relevante Verhalten, das dem Bewerber vorgeworfen wurde, lasse Rückschlüsse auf eine fehlende charakterliche Eignung für den Beruf des Polizisten schließen. Ebenso entschied das Verwaltungsgericht Aachen (Aktenzeichen 1 L 677/20) im Fall eines Polizeibewerbers gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf sexuelle Nötigung eingeleitet worden war. Auch ein Polizeianwärter, der Videos auf der Internetplattform YouTube veröffentlicht, die den Eindruck von betrügerischem Handeln erwecken, ist für den Polizeidienst nicht charakterlich geeignet, entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen 28 L 157.19). Ein Polizist werde ausgebildet um Straftaten zu vermeiden und nicht für sie, wenn auch mit einem möglicherweise nicht ganz ernst gemeinten Sketch, zu werben. Diese Entscheidung wurde vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen 4 S 44.19, 4 M 10.19) bestätigt. Das Verwaltungsgericht Gießen (Aktenzeichen 5 K 509/20.GI) hat die Weigerung einen Polizeianwärter, der Teilnehmer rechter WhatsApp-Gruppen war, in den Polizeidienst zu übernehmen, bestätigt. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Az. 6 A 2255/21) hält einen Polizeianwärter für charakterlich ungeeignet, wenn er für soziale Netzwerke während seines Dienstes Fotos und Filme macht, obwohl ihm dies mehrfach untersagt wurde. Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Aktenzeichen 18 A 3735/21) ist ein Polizist, der Verschwörungstheorien verbreitet und sich zur Reichsbürgerbewegung bekennt, nicht für den Polizeidienst geeignet. Wer verfassungsfeindliche Chat-Nachrichten verfasst oder empfängt, ist laut Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen 36 K 384/22) charakterlich nicht für den Polizeidienst geeignet. Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Polizeibewerbers rufen auch Likes und Post von Bildern mit homophoben Inhalt hervor, entschied das Verwaltungsgericht Aachen (Aktenzeichen 1 L 480/21). Postet ein Kommisaranwärter frauenfeindliche und sexistischen Videos auf der Internetplattform TikTok, kann ihm das Führen der Dienstgeschäfte untersagt werden, entschied das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 6 B 1984/21). Ein Polizeianwärter, der in einem Gruppen-Chat Bilder einstellt, die den Holocaust verharmlosen, ist nicht für den Polizeidienst geeignet, entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen VG 5 L 88/21). Auch das Verwaltungsgericht Koblenz (Aktenzeichen 2 K 354/23.KO) hat entschieden, dass ein Polizeimeisteranwärter, der antisemitische WhatsApp-Nachrichten verschickt, nicht für den Polizeidienst geeignet ist. Das Verwenden von diskriminierenden und rassistischen WhatsApp-Sticker reicht aus, um einen Polizeianwärter als ungeeignet für den Polizeidienst einzustufen, so das Verwaltungsgericht Koblenz (Aktenzeichen 5 K 733/239). Die Zugehörigkeit eines Polizeianwärters zur rechts-extremistischen Partei "Der III. Weg" rechtfertigt seinen Rauswurf aus der Ausbildung, entschied das Verwaltungsgericht Mainz (Aktenzeichen 4 L 708/22.MZ). Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (Aktenzeichen 5 L 78/21) verhindert der Verdacht auf Nähe zu einem kriminellen Clan zunächst die Einstellung in den Polizeidienst. Dieser Vorwurf muss zunächst geklärt werden. Ein Polizist auf Probe kann entlassen werden, wenn er auf einen am Boden liegenden und fixierten Tatverdächtigen eintritt. Dies entschied das Verwaltungsgericht Mainz (Aktenzeichen 4 L 587/20.MZ) und sprach damit dem Polizisten eine Eignung für den Polizeidienst ab. Das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen 5 L 714/22) hat entschieden, dass der Konsum von Cannabis sowohl Zweifel an der gesundheitlichen wie auch an der charakterlichen Eignung eines Polizeianwärters hervorruft. Der Mann wurde zu Recht aus dem Polizeidienst entlassen.

Keine Eignung nach Kritik an der Polizei in sozialen Medien!

Eine Polizeikommissar-Anwärterin, die sich in sozialen Medien sehr deutlich kritisch über die Polizei äußert, ist laut Verwaltungsgericht Hannover (Aktenzeichen - 2 B 512/24) nicht für den Polizeidienst geeignet.

Keine Eignung bei Jugendstrafe

Ein Bewerber für den Polizeidienst, der als 20jähriger wegen schwerer Körperverletzung zu einer Jugendstrafe verurteilt wurde, kann vom Land als ungeeignet abgelehnt werden, entschied aktuell das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen 10 Sa 163/18). Das Gericht führt in seiner Entscheidung aus, dass die Ablehnung des Bewerbers auch dann rechtmäßig ist, wenn die Straftat schon längere her ist.

Keine Eignung bei Cannabiskonsum

Bewerber, die Cannabis konsumieren, sind für den Polizeidienst nicht geeignet, urteilte jüngst das Verwaltungsgericht Berlin (Aktenzeichen VG 26 L 130.18). Im zugrundeliegenden Fall bewarb sich ein 40jähriger Mann für die Einstellung in den Polizeidienst. Bei einer medizinischen Untersuchung wurde bei ihm in einer Blutprobe 300 ng/ml THC-Carbonsäure festgestellt. Dabei handelt es sich um ein Cannabis-Abbauprodukt. Seine Bewerbung wurde daraufhin abgelehnt. Zu Recht, so das Verwaltungsgericht. Der Konsum von Cannabis ziehe die Eignung des Bewerbers für das Führen eines Fahrzeugs in Zweifel. Dabei handele es sich um eine Aufgabe eines Polizisten, womit der Bewerber für den Polizeidienst nicht uneingeschränkt dienstfähig sei. Die Höhe des Blutwertes sprächen für einen regelmäßigen Konsum der Droge. Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Aktenzeichen 1 B 154/23) hat entschieden, dass es einem Polizeianwärter, der gegen die Corona-Quarantäne verstößt und Unfallflucht begeht an der notwendigen charakterlichen Eignung fehlt. Aber: Wenn ein Bewerber für den Polizeidienst im Alter von 14 Jahren einmal Marihuana erworben und jetzt einen reflektierten Umgang damit hat, spricht das nicht für eine fehlende charakterliche Eignung für den Polizeidienst, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Aktenzeichen 4 S 3920/21).

Trunkenheit auf dem Fahrrad und unsachgemäßer Umgang mit Feuerwerkskörpern sprechen gegen Eignung

Das Verwaltungsgericht Berlin ( Aktenzeichen VG 26 L 151.17 und VG 26 L 331.17) hat einem Polizeibewerber, der auf seinem Fahrrad mit mehr als 2,25 Promille erwischt und zu einer Geldbuße verurteilt wurde, die Eignung zum Polizisten abgesprochen. Ebenso einem Polizeibewerber, der vom Balkon mehrere in Deutschland nicht zugelassene Feuerwerkskörper in Richtung eines Kinderspielplatzes abschoss und deshalb verurteilt wurde Freizeitarbeit zu leisten. Das Gericht zweifelte, wie auch der Dienstherr, an der charakterlichen Eignung der Bewerber für den Polizeidienst. Aus den verurteilten Strafen zog das Gericht Rückschlüsse auf das Sozialverhalten und auf die Selbstkontrolle der Bewerber.

Mindestkörpergröße für Polizeibewerber rechtmäßig

In Nordrhein-Westfalen ist per Erlass des Innenministeriums für die Einstellung in den Polizeidienst für Frauen und Männer eine einheitliche Mindestkörpergröße von 1,63 m erforderlich. Diese Regelung ist rechtmäßig, entschied nun das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen 6 A 2014/17) und bestätigte damit die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im Fall einer 1,60 m großen Bewerberin für den Polizeidienst. Das Gericht bezieht sich auf Studien der Sporthochschule Köln, wonach eine Eignung für den Polizeidienst erst ab einer Körpergröße von 1,63 m vorliegt. Das Land sei auch nicht verpflichtet kleiner Polizeibeamten für die Verrichtung von Aufgaben einzustellen, bei denen es auf die Körpergröße nicht ankommt.

Brustimplantate stehen Eignung nicht entgegen

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen 4 B 19.14) hat aktuell entschieden, dass eine Bewerberin trotz Brustvergrößerung Polizistin werden darf. Die Polizeibehörde hatte die Bewerbung der jungen Frau abgelehnt, da sie befürchtete, dass das Brustimplantat der Frau bei Einsätzen beschädigte werden könnte und sie aufgrund von gesundheitlichen Problemen frühzeitig pensioniert werden müssen. Das Gutachten eines Werkstoffexperten entkräftet die Befürchtungen der Polizeibehörde. Danach sind moderne Brustimplantate nicht mehr mit Produktschwächen behaftet, die sich zum Nachteil der Behörde auswirken könnten. Auch das Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen M 5 E 16.2726) gab dem Eilantrag einer jungen Frau für den Polizeivollzugsdienst statt und verpflichtet das Land Bayern diese vorläufig bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung einzustellen. Das Polizeipräsidium hatte die Bewerberin zuvor abgelehnt, weil diese sich aus kosmetischen Gründen zwei Implantate in ihre Brust einsetzen ließ. Man hielt die gesundheitliche Eignung der jungen Frau für den Polizeidienst nicht mehr gegeben, da man bei gefährlichen Einsätzen oder etwa beim Selbstverteidigungstraining eine Beschädigung der Implantate befürchtete. Das Verwaltungsgericht München holte den Rat eines Schönheitschirurgen ein. Dieser attestierte den Brustimplantaten kein erhöhtes Verletzungsrisiko. Beschaffenheit des Materials und die Platzierung der Brustimplantate sprächen nicht dafür. Das Verwaltungsgericht München wägte so dann die Einschätzungen des Polizeiarztes und des Schönheitschirurgen ab und kam zu der Überzeugung, dass die Einschätzung des Polizeiarztes zu pauschal sei. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist eine fehlende gesundheitliche Eignung für den Polizeidienst nicht nachgewiesen. In diesem Sinne hielt auch das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Aktenzeichen 1 K 2166/14) die Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen, eine Bewerberin für den Polizeidienst aufgrund ihrer Brustimplantate abzulehnen, für rechtswidrig. Die Frau sei gesundheitlich für den Polizeidienst geeignet. Zu dieser Erkenntnis kam das Verwaltungsgericht aufgrund eines Sachverständigengutachtens eines Schönheitschirugen. Der Arzt attestierte der Frau zwei hochwertige Implantate, die die Eignung für den Polizeidienst nicht in Frage stellen. Ungeeignet wäre die Bewerberin für den Polizeidienst nur, wenn aufgrund der Brustimplantate mit langen Ausfallzeiten und Dienstunfähigkeit zu rechnen sei. Damit sei nach dem Sachverständigengutachten nicht zu rechnen, so die Gelsenkirchener Richter.

Laktose- und Fructoseunverträglichkeit kein KO-Kritierium für den Polizeidienst

Eine Laktose- und Fructoseunverträglichkeit steht der Einstellung in Polizeidienst nicht entgegen, entschied das Verwaltungsgericht Koblenz (Aktenzeichen 2 L 802/19.KO). Laut Polizeiarzt sein eine Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose- und Fructoseunverträglichkeit als schwerwiegende, chronische oder zu Rückfällen neigende Krankheiten der Verdauungsorgane zu werten, die gegen eine Aufnahme in den Polizeidienst spreche. Das sah das Verwaltungsgericht Koblenz anders: Der Mann sei zur Zeit uneingeschränkt dienstfähig. Er habe ärztliche Befunde vorgelegt, wonach er Lebensmittel wie Joghurt, Quark und Käse ohne Probleme vertrage. Darüber hinaus habe er seine persönliche Toleranzschwelle für Fruktose und Lactose gefunden – auch ohne Medikamente. Die Prognoseentscheidung des Polizeiarztes sei daher fehlerhaft.

Thromboserisiko spricht gegen Polizeidiensttauglichkeit

Leidet ein Polizei-Bewerber an einer Blutgerinnungsstörung mit Thromboserisiko, scheidet er für den Polizeidienst aus, entschied das Verwaltungsgericht Koblenz (Aktenzeichen 5 L 797/22.KO).

Polizei muss über Bewerbung eines HIV-Infizierten neu entscheiden

Die Polizeiakademie Niedersachsen muss nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Aktenzeichen 13 A 2059/17) über die Bewerbung eines HIV-Infizierten neu entscheiden. Der Bewerber, dessen HIV-Infektion mehrere Jahre erfolgreiche therapiert wurde, war aufgrund seiner Erkrankung für den Polizeidienst abgelehnt worden. Das Verwaltungsgericht Hannover folgt der Ansicht eines Sachverständigen, wonach beim Bewerber weder eine vorzeitige Dienstunfähigkeit drohe noch ein Risiko bestehe, dass er Kollegen oder Bürger anstecken könnte.

Redaktion fachanwaltsuche.de

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