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Medizinrecht: Urteile zu selbsternannten Gutachteninstituten

Anmerkung zu LSG Chemnitz, Beschluss vom 01.09.2010 - L 6 U 222/09 B von Joachim Francke, Fachanwalt für Sozialrecht und Medizinrecht, RAe Francke & Partner, Düsseldorf

Wenn in einem sozialrechtlichen oder zivilrechtlichen Verfahren medizinische Fragen zu klären sind, ist der Richter auf die Einholung von Sachverständigengutachten angewiesen. Die Beurteilung von medizinischen Fragen aus eigener Sachkunde ist dem Richter nur gestattet, wenn er ausnahmsweise neben der juristischen auch über eine medizinische Ausbildung verfügt. Die Quelle der medizinischen Sachkenntnis muss im Urteil im Einzelnen festgelegt werden. Medizinische Gutachten werden nicht nur von Gerichten, sondern auch von Versicherungsträgern benötigt. Die hohe Anzahl zur Klärung medizinischer Fragen benötigter Sachverständigengutachten hat dazu geführt, dass sich Ärzte bei ihrer Tätigkeit schwerpunktmäßig auf die Gutachtenerstellung verlegt haben. Um mit diesem Tätigkeitsschwerpunkt auch werbewirksam an die Öffentlichkeit treten zu können, bezeichnen sich einige Gruppierungen von Ärzten als "Gutachteninstitute". Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff "Institut" zumeist von wissenschaftlichen Zwecken dienenden Einrichtungen, insbesondere wissenschaftlichen Betriebseinheiten von Hochschulen verwendet. Die Verwendung dieser Bezeichnung durch Einrichtungen, die wissenschaftliche Zwecke nicht verfolgen, ist von der Rechtsprechung als irreführend angesehen worden (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 27.04.2001 - 20 W 84/01). In dem vom Landessozialgericht Chemnitz entschiedenen Fall lehnte der Kläger den Arzt eines derartigen "Instituts für medizinische Begutachtung" mit der Begründung als befangen ab, dass sich aus den werbenden Angaben dieses Instituts ergebe, dass es seine Tätigkeit schwerpunktmäßig auf Gutachten für gesetzliche und private Versicherer ausgerichtet habe. Hieraus resultiere eine wirtschaftliche Abhängigkeit und wirtschaftliche Verflechtung mit Versicherern, die weit über die üblichen geschäftlichen Kontakte hinausgingen. Das Landessozialgericht Chemnitz hat den Befangenheitsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass aus der objektiven Sicht des Prozessgegners die Bezeichnung als Gutachteninstitut noch nicht ausreichend sei, um Zweifel zu erwecken, ob eine wirklich unabhängige Begutachtung erfolgen werde. In Übereinstimmung mit der Oberlandesgericht Köln hat es ausgeführt, dass nicht einmal ein häufiges Tätigwerden für den konkreten Prozessgegner für sich alleine ausreichend sei, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Anders hatte die Frage noch das Landgericht Köln beurteilt, dass von einer Befangenheit ausging, wenn der Sachverständige einen Prozess gegen die Versicherung ganz überwiegend im Auftrag von Versicherungsgesellschaften tätig werde (vgl. LG Köln, Beschluss vom 15.01.2004 - 23 T 1/04). In dem Urteil wird zwischen persönlicher und fachlicher Kritik an dem gerichtlichen Sachverständigen unterschieden. Nach Auffassung des LSG Chemnitz ist nur bei persönlicher Kritik an dem Sachverständigen ein Befangenheitsgrund gegeben. Bei fachlicher Kritik hat eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der medizinischen Bewertung zu erfolgen. Da die rechtsuchende Partei in aller Regel beweispflichtig ist, hilft ein Befangenheitsantrag nicht weiter, weil mit der Ablehnung eines Sachverständigen kein Beweis für die anspruchsbegründenden Tatsachen geführt werden kann. Somit erscheint eine fachliche Auseinandersetzung mit dem unrichtigen Gutachten eines sogenannten Gutachteninstituts zielführender, weil damit die Notwendigkeit dargestellt werden kann, das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen einzuholen ist. Bei fachlichen Fehlern des Gutachtens wird sich das Gericht dieser Argumentation nicht verschließen können.

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Fachanwalt Joachim Francke
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