Lebensversicherungskunden können Prämien zurückfordern
Bei den Policenmodellen handelt es sich um Lebensversicherungsverträge, wel-che der Versicherungsnehmer abschließt und in der Folge die Möglichkeit hat dem Vertragsschluss noch zu widersprechen und sich so von dem Lebensversi-cherungsvertrag wieder zu lösen. Solche Verträge wurden insbesondere in den Jahren 1994 bis 2007 geschlossen. Der Bundesgerichtshof hatte im März 2012 dem EuGH im Wege des sog. Vor-abentscheidungsverfahrens die Rechtsfrage vorgelegt, ob die damals gültige gesetzliche Widerspruchsregelung im deutschen Versicherungsvertragsgesetz mit einer Europäischen Richtlinie vereinbar ist. Der EuGH hat nunmehr festgestellt, dass diese deutsche Regelung gegen europäisches Recht verstößt. Denn diese Vorschrift sah vor, dass spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie das Widerspruchsrecht erlöscht, selbst wenn der Versicherungskunde nicht oder nicht zutreffend über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden sein sollte. Die Folgen dieser EuGH-Entscheidung sind gravierend und zwar sowohl für Anbieter dieses Policenmodells als auch für Versicherungskunden. Denn der Versicherungskunde hat nun vorbehaltlich der Prüfung jedes Einzelfalls die Möglichkeit sich auch heute noch von einer unter Umständen nicht sehr rentablen Versicherung zu lösen und seine Prämienzahlungen von dieser zurückzuverlangen, sofern er nicht ordnungsgemäß von der Versicherungsgesellschaft über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden sein sollte. Die in dem Gerichtsverfahren beteiligte Lebensversicherungsgesellschaft mut-maßt, dass in Deutschland von dieser Entscheidung 108 Millionen Lebensversi-cherungsverträge mit einem Prämienvolumen von über 400 Milliarden Euro be-troffen sein könnten. Insofern drohen den Lebensversicherungsgesellschaften eine Flut von Widersprüchen sowie eine Rückforderung der gezahlten Prämien durch Versicherungskunden in erheblicher Höhe, die mit der Entwicklung ihrer Verträge unzufrieden sind. Inhaber von Lebensversicherungsverträgen sollten prüfen lassen, ob für sie auf der Grundlage dieser neuen Rechtsprechung eine Loslösung von ihrer Lebensversicherung in Betracht kommt und die Ausübung des Widerspruchsrecht sinnvoll ist. Rechtsanwalt Siegfried Reulein ist Inhaber der KSR | Kanzlei Siegfried Reu-lein, Pirckheimerstraße 33, 90408 Nürnberg, Telefon: 0911/760 731 10, E-Mail: s.reulein@ksr-law.de, Internet: www.ksr-law.de. Rechtsanwalt Reulein ist auch Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und seit Jahren auf dem Rechtsgebiet des Kapitalanlagerechts und des Bankrechts tätig. Er vertritt ausschließlich Bankkunden und geschädigte Kapitalanleger. Im Bereich des Kapitalanlagerechts ist Rechtsanwalt Reulein hauptsächlich mit der Geltendmachung von Ansprüchen im Zusammenhang mit der Vermittlung von Zertifikaten, der Rückabwicklung von Fondsanlagen aller Art, insbesondere Immobilienfonds, atypisch stiller Beteiligungen sowie mit der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Banken, Anlagevermittlern, Anlageberatern und Prospektverantwortlichen, auch im Zusammenhang mit dem Kauf einer Schrottimmobilie und der Eingehung von Swap-Geschäften befasst. Im Bereich des Bankrechts berät und vertritt Rechtsanwalt Reulein in allen Fra-gen des Bankrechts, insbesondere im Zusammenhang mit dem Abschluss und der Beendigung von Darlehensverträgen. Daneben ist Rechtsanwalt Reulein in den Bereichen des Versicherungs- und des Erbrechts tätig.
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