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EuGH: Neue Beweislastverteilung beim Vorsteuerabzug

Entscheidend für die Anerkennung eines Vorsteuerabzugs ist die zugrunde liegende Rechnung. Einer Recherche zu sonstigen Pflichten des Vorlieferanten bedarf es nicht.

-Urteil vom 21. Juni 2012, C-80/11, C-142/11 Entscheidung Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass im Fall von Unregelmäßigkeiten bei einem Lieferanten die Steuerbehörden das W issen oder Wissenmüssen des Steuerpflichtigen v on einer auf einer v orhergehenden Umsatzstufe begangenen Steuerhinterziehung nachweisen muss. Eine über die korrekte Rechnung des Vorlieferanten hinaus gehende Recherche zu den allgemeinen, verfügungs-oder steuerbezogenen Pflichten des Vorlieferanten kann eine Steuerbehörde v om Steuerpflichtigen nicht erwarten. Begründung Die Entscheidung betraf zwei ungarische Fälle, in denen korrekte Rechnungen zu gelieferter Ware und erbrachten Dienstleistungen übergeben wurden, die Steuerbehörde jedoch ermittelte, dass der Vorlieferant nicht über ausreichende W arenbestände oder konkrete Beschäftigungsv erhältnisse oder betrieblichen Mittel für die berechneten Leistungen v erfügt habe. Die Behörde sprach den jeweiligen Vorgängen eine reale wirtschaftliche Bedeutung ab und stufte sie als fiktiv ein. Das hiergegen angerufene Bezirksgericht legte den Fall dem EuGH vor. Der Gerichtshof erklärt, dass das Recht des Vorsteuerabzuges als fundamentaler Grundsatz des Mehrwertsteuermechanismus grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann. Das MwSt.-System gewährleistet die Neutralität der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten. Die Entrichtung der MwSt. in voraus gehenden Phasen ist für das Recht auf Vorsteuerabzug nicht von Belang. Eine Versagung wegen Steuerbetruges oder –missbrauch setzt v oraus, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass ein v orgelagerter Umsatz in eine Hinterziehung einbezogen war. Ohne dieses Erfordernis würde sich eine v erschuldensunabhängige Haftung ergeben. Wissen und Wissenmüssen sind von der Behörde rechtlich hinreichend anhand objektiver Umstände nachzuweisen. Wirtschaftsteilnehmer, die alle v ernünftigerweise zu erwartenden Maßnahmen treffen, dürfen auf die Rechtmäßigkeit der v on ihnen erzielten Umsätze vertrauen. Das für die nationale Umsetzung dieser Vorgaben bestehende Ermessen darf nicht zu einer generellen Prüfungspflicht über die Steuerpflicht, das Verfügungsrecht, die steuerlichen Erklärungs-und Zahlungspflichten des Rechnungsausstellers führen. Die eigenen Kontrollaufgaben der Behörden dürfen nicht den Steuerpflichtigen auferlegt werden. Praxishinweis Nach der Entscheidung des EuGH kommt es für eine Anerkennung des Vorsteuerabzuges entscheidend auf die Vorlage der zugrunde liegenden Rechnung an. Eine weitergehende Dokumentation kann ohne das Hinzutreten weiterer besonderer Umstände nicht verlangt werden. Die Verwaltung wird die oftmals zu beobachtende Abwälzung der Beweisführung auf den Steuerpflichtigen überprüfen müssen.

von Rechtsanwalt Johannes Jeep

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